Ulrich Rückriem:
Tempel

Ulrich Rückriem: Tempel (Foto: KUNST@SH/Jan Petersen, 2018)

Daten zum Werk

Ulrich Rückriem: Tempel (1984, Normannischer Granit)
Mahnmal St. Nikolai, Willy-Brandt-Straße 60 / Hopfenmarkt, 20457 Hamburg (Hamburg-Altstadt)

Routenplaner: 53.54749, 9.98986


Beschreibung

Dem flüchtigen Betrachter erschließen sich die reduzierten Skulpturen des Bildhauers Ulrich Rückriem kaum. Denn der Künstler verzichtet auf eine dekorative Gestaltung des Materials und belässt es bei minimalen Eingriffen. Der „Tempel“ auf einer kleinen Grünfläche an der St. Nikolaikirche in Hamburg wirkt wie ein ursprünglicher und massiver Granitblock, rund drei Meter hoch, zwei Meter breit und anderthalb Meter tief. Die Oberfläche des Steines ließ der Künstler unbearbeitet, so wie er ihn im Steinbruch ausgesucht hatte. Die raue Oberfläche mit ihrem witterungsbedingt sich stetig wandelndem Bewuchs trägt zur Ästhetik bei und unterstreicht die besondere Beschaffenheit des Materials.

Die künstlerischen Eingriffe zeigen sich beim genaueren Hinsehen: Zwei waagerechte Reihen eng aneinander gereihter, gleichmäßiger Bohrlöcher lassen erkennen, dass der Block in drei Teile gespalten wurde, oben und unten deutlich schmaler als der Mittelteil. Der große Mittelteil zeigt mehrere senkrechte Sägespuren und wurde umlaufend in fünf Teile geschnitten. Anschließend fügte der Bildhauer alles wieder sorgfältig zusammen.

Was der Betrachter nicht sieht: Im Kern gibt es eine kubische Aussparung, die auf Hochglanz poliert ist. Das herausgeschnittene Mittelstück sollte als Teil des Gesamtkunstwerkes im Rathaus ausgestellt werden und dadurch eine Verbindung zum Aufstellungsort schaffen. Doch der polierte Kubus gilt heute als verschollen. Damit ist die Skulptur genauso ein Fragment wie die Ruine der St. Nikolaikirche, die nach den Kriegszerstörungen nicht vollständig wieder aufgebaut wurde und heute als Mahnmal und Museum dient.

Person

Ulrich Rückriem
Ulrich Rückriem wurde am 30. September 1938 in Düsseldorf geboren. Nachdem er von 1957 bis 1959 eine Steinmetzlehre in Düren absolvierte, arbeitete an der Dombauhütte in Köln und studierte an den Kölner Werkschulen bei Ludwig Gies. Gleichzeitig begann er seine Tätigkeit als freischaffender Künstler. 1966/1967 trat er mit Skulpturen aus Holzbalken hervor, ab 1968 gestaltet er Steinskulpturen: Typischerweise teilt Rückriem einen Steinblock von stark reduzierter kubischer Form und setzt die Teile anschließend wieder zusammen. Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Künstler erhielt u.a. 1973 den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für Bildende Kunst und 1984 den Deutschen Kritikerpreis für den Bereich Bildende Kunst. 1963–1971 arbeitete er im Schloss Nörvenich, das seit 1980 das Museum Europäische Kunst beherbergt. 1974 wurde er Professor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, 1984 an der Kunstakademie Düsseldorf und 1988 an der Städelschule in Frankfurt am Main. Rückriems Arbeiten konnte man in einer Vielzahl von Einzel- und ab 1966 auch in Gruppenausstellungen sehen. Seine Arbeiten sind in internationalen Sammlungen und Museen vertreten. 1972, 1987 und 1992 nahm er an der documenta, 1978 an der Biennale in Venedig teil. 1994 wurden in Rommerskirchen-Sinsteden im Kreis Neuss die Skulpturen-Hallen Ulrich Rückriem eröffnet, in der mehr als 100 seiner Skulpturen zu sehen sind. Ulrich Rückriem lebt in London oder Köln.

Weitere Informationen (extern):Wikipedia

Galerie

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